Lesotho, 05.-06.11.
05.11.
Unsere Gastgeberin präsentiert uns schon am frühen Morgen ein Frühstück nach feinster britischer Art. Baked beans, Sausages etc. – by far too much! Während des Frühstücks machen wir Bekanntschaft mit einer weiteren Deutschen. Sie ist mit Studien zur Bevölkerung in der Region beschäftigt ist ganz begeistert als sie hört, dass wir uns mit diversen Projekten entlang unserer Reiseroute befassen. Sogleich stellt sie Verbindung zu einem lokalen Entrepreneur her, mit dem wir uns kurzerhand auf einen Kaffee verabreden. Pierre und seine Frau sind vor einigen Jahren aus Pretoria nach Underberg gezogen. Zunächst als Lehrer tätig, bemerkte Pierre schon sehr bald den Bildungsnotstand und die gravierende Armut unter der schwarzen Bevölkerung in der Region und beschloss sich der Misere anzunehmen. Kündigte seinen Job als Lehrer und begann gemeinsam mit seiner Frau die verschiedensten Aktivitäten zu starten, die zunächst den Kindern später auch den Erwachsenen zu Gute kommen sollten. Wir erleben ein einstündiges Treffen mit Pierre und werden sofort angesteckt von seinem Feuereifer für die Sache. Wir sind absolut begeistert mit wie viel Herzblut er von seinen Aktivitäten berichtet. Keine Luftschlösser – alles scheint Hand und Fuß zu haben.
Als wir später im Auto sitzen und resümieren sind wir uns einig: trotz der Kürze des Gespräches, war dies eines der überzeugernsten Plädoyers für die Entwicklungshilfe auf der bisherigen Reise. Auf der Weiterfahrt entlang der Drakensberge in Richtung Süden sprechen wir immer wieder über das Treffen. Und nachdem auch die Landschaft links uns rechts der Straße derart begeisternd ist, nehmen wir uns fest vor den Kontakt zu Pierre zu vertiefen und noch einmal wiederzukommen.
Fährt man mit dem Auto durch dieses Land wird man schnell der unglaublichen Dimensionen gewahr. Das Land ist einfach riesig. Phasenweise kommen wir uns richtig verloren vor. Heute ist wieder so ein Tag. Wir sind unserer teilweise etwas ungenauen Straßenkarte gefolgt und befinden uns auf einer Schotterpiste übelster Art. Unser kleiner Toyota erlebt seinen Härtetest (nicht zum letzten Mal, sorry Budget) Irgendwo am Ende dieser Straße soll es einen Grenzübergang nach Lesotho geben. Mit nicht mal 20km/h schrauben wir uns zäh die Serpentinen hinauf. Die letzte Ortschaft liegt schon weit hinter uns. Es ist bereits fast 18 Uhr und es wird bald dunkel werden. Der Point of no return scheint hinter uns und so sind wir ziemlich erleichtert, als ein zu Rate gezogener Hirte uns mit Händen und Füssen zu verstehen gibt, dass wir es zur Grenze nicht mehr weit hätten. Die Pforte zum »Königreich des Himmels« erreichen wir schließlich kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Die Zöllner hier oben am Quachas Nek scheinen schon im vorgezogenen Feierabend. Es herrscht ziemlich entspannte Stimmung. Ausgestattet mit Tipps für die Übernachtung und zwei frischen Stempeln in unseren Pässen überqueren wir die Grenze. Zur nächsten Ortschaft ist es nun zum Glück nicht mehr weit. Schon nach wenigen km können wir unseren Wagen vor der Bleibe für diese Nacht abstellen.
06.11.
Das Frühstück der alten Lady von gestern war ja schon ein harter Brocken, aber unser heutiges Frühstück ruft sofortige Fluchtgedanken in uns auf. Der Anblick von Sausages und Hühnerleber am frühen Morgen will unseren Appetit so gar nicht wecken und so brechen wir nach einigen Anstandshappen ab und machen uns auf den Weg. Wir befinden uns im südlichen Teil von Lesotho. Versuche von hier aus weiter in den Norden zu kommen, würden unserem Auto wohl sehr bald den Garaus bereiten. Somit begnügen wir uns mit der asphaltierten Straße und durchqueren den Süden des Landes von Ost nach West. Es reichen wenige km um festzustellen, dass hier vieles noch sehr viel rückständiger zu sein scheint als im Nachbarland Südafrika. Gelegentlich begegnen uns Ochsenkarren. Hier und da sehen wir einen Reiter. Das Pferd, oder der Esel stellen auch heute noch häufig das Fortbewegungsmittel. Viele Teile des Landes lassen sich auch anders gar nicht erreichen. Auf den Feldern sehen wir Ochsengespanne den Pflug ziehen und Hirten ihre Herden hüten. Friedliche Bilder wie aus einem anderen Jahrhundert. Viele Menschen entlang des Weges winken uns freundlich zu. Gerne würden wir mehr von dem Land sehen. Doch weder unsere Straßenkarte noch das Vehikel sind für einen längeren Aufenthalt so wirklich geeignet. Denn gerade das Landesinnere scheint bisher noch wenig (touristisch) erschlossen und daher aus unserer Sicht besonders spannend. Doch ohne vernünftiges Allradfahrzeug und gutes Kartenmaterial sollte man sich diesem Teil des Landes besser nicht widmen. Alternativ hierzu lesen wir in unserem Reiseführer spannende Beschreibungen das Land nach traditioneller Art auf dem Rücken eines Pferdes zu erkunden. Oder aber man durchquert das Land auf geländegängigen Motorrädern, wie es dieser Tage die beiden Prinzen William und Harry vormachen. Allerdings begleitet die beiden ein ganzer Tross an UN und Militär-Fahrzeugen, was den königlichen Abenteurern ein wenig die Glorie nimmt. Man sagt Prinz Harry habe großes Gefallen an dem Land und so sammeln die beiden auch bei dieser Tour für wohltätige Zwecke im Land.
Die Übernachtungsgelegenheiten sind rar und so erkunden wir dankbar ein Projekt des Deutschen Entwicklungs-Dienst (DED). In einem kleinen Seitental, unweit der Straße auf der wir durch das Land reisen, hat die Organisation einige Rundhütten im landestypischen Baustil mit etwas zusätzlichem Komfort als Übernachtungsgelegenheit für Touristen bereitgestellt. Die kleine Häusergruppe liegt nahe einer Siedlung, deren Bewohner für die Betreuung der Häuser sorgen und von den Einnahmen profitieren dürfen.
Während draußen um die Mittagszeit eine schier unerträgliche Hitze flimmert ist es im Innern der Hütte recht kühl. Die umgebende Landschaft ist karg und felsig und von unserer Hütte aus blicken wir in den Ausläufer eines kleinen Canyons. Um uns mit Lebensmitteln einzudecken müssen wir die rund 3 km zurück zur Hauptstraße und weitere 6 km bis in den nächsten Ort. Eine Strecke, die sich im Auto schnell bewerkstelligen lässt. Doch wer hat hier schon ein Auto. Der Laden ist gut bestückt. Man bekommt eigentlich alles. Wie vielerorts in diesem Land ist auch dieser Laden fest in Chinesischer Hand.
Am Abend machen wir Bekanntschaft mit einem Ingenieur aus Johannesburg, der sich ebenfalls in einer der Hütten einquartiert hat. Allerdings nicht wie wir nur für eine Nacht, sondern bereits für ganze 7 Wochen. Sichtlich erfreut, dass wir ihm etwas Gesellschaft leisten erzählt er uns von seiner Arbeit. Auf einem der Berge in der Umgebung errichtet er mit einem Trupp lokaler Arbeiter einen Funkmasten für das rasch wachsende Mobilfunknetz. Neben aller Begeisterung für seine Arbeit teilt er auch offen seine Bedenken mit uns. Es bereite ihm Sorge, wenn er sehe wie Mobiltelefone in Haushalten Einkehr halten, in denen es weder fließend Wasser oder Strom gebe und noch viel schlimmer der Großteil der Bewohner meist Analphabeten sei.